Sonderfahrten Anna N. 8
Anna Nr. 8 mit Volldampf auf Sonderfahrt
Im Jahr 1989 fanden am Wochenende, dem 09. und 10. September, die ersten Sonderfahrten unseres Vereines statt. Im Jahr 1989 war der Bergbau noch aktiv, die Kokerei arbeitete, und es gab regen Planbetrieb mit Dampfloks im Bahnhof. Der Bergbau war noch dominant und lag im Herzen von Alsdorf oder war sogar das Herz der Stadt. Der Verein war noch nicht alt und gab sich gerade den Namen „Bergbaumuseum Wurmrevier e. V.“, abgekürzt BMWR. Nach mehreren Umbenennungen sind wir nun seit 2019 beim Namen „Grube Anna - Bergbauinformationszentrum“, abgekürzt GABI.
Auch neu im Verein gab es den Arbeitskreis Bahnbetrieb unter dem damaligen Arbeitskreisleiter Klaus Prömper. Schnell war beim Arbeitskreis der Gedanke geboren, mit einer Dampflokomotive des Eschweiler Bergwerks-Vereins (EBV) zum vierten Alsdorfer Europafest, Sonderfahrten anzubieten. Der Plan war, zwischen Alsdorf und Mariadorf mit einem Zug zu pendeln. An den Bahnhöfen Alsdorf und Mariadorf gab es hierzu noch die bis Ende 1984 von den regulären Personenzügen genutzten Bahnsteige. Es sollte ein Nahverkehrswagen der Bundesbahn ausgeliehen und die Dampflok Anna 8 von der Kokerei eingesetzt werden. In Alsdorf und in Mariadorf sollte die Lok dann umsetzen, um immer vorne am Zug zu sein. Dazu musste in Alsdorf nach dem Ausstieg der Fahrgäste am Bahnsteig der Zug in den Grubenbahnhof weiterfahren. Hier setzte die Lok um und kam anschließend mit dem Zug wieder an den Bahnhaltepunkt Alsdorf. Als Fahrplan war vorgesehen im Stundentakt zu fahren. Die erste Abfahrt in Alsdorf sollte um 10 Uhr stattfinden, die letzte um 18 Uhr. In Mariadorf jeweils zur Minute 30. Soweit die Idee.
Es wurden Schreiben verfasst, und die Bundesbahn gab die Erlaubnis, die Strecke zu benutzen. Auch der Nahverkehrswagen, ein sogenannter „Silberling“ konnte ausgeliehen werden. Der EBV stellte die Lok Anna 8 zur Verfügung. Haftpflichtversicherungen mussten abgeschlossen und die Bahnsteige vorbereitet und mit „Flatterband“ abgesperrt werden. Der Fahrplan wurde veröffentlicht und beworben. Soweit die Vorbereitung.
Die erste Änderung zum Plan war, dass uns die Bundesbahn zu dem Nahverkehrswagen vom Typ „Silberling“ Bn719 oder Bn720 noch einen Fernverkehrszugwagen vom Typ Bm232 zur Verfügung stellen. „Einem geschenkten Gaul guckt man nicht ins Maul“, und so nahmen wir das Geschenk an. Wir waren später auch sehr froh, den zusätzlichen Wagen zu haben. Jedoch war der vorbereitete Bahnsteig in Alsdorf zu kurz und so konnten wir von dem Wagen nur eine Tür benutzen, was sich zu einem zeitaufwendigen Problem entwickeln sollte. Wir ahnten ja noch gar nicht was kommen würde.
Das Europafest in Alsdorf war schon damals immer sehr gut besucht, und so hofften wir auf rege Besucherströme. Das Wetter versprach schön, sonnig und warm zu werden. Beste Voraussetzungen für das Europafest. Nun gibt es mehrere Möglichkeiten von Mariadorf nach Alsdorf zu kommen:
Mit dem Auto, Problem Parkplatz.
Mit dem Bus der Linie 28 (bis 1968 war das die Straßenbahnlinie 28), fährt samstags alle 30 Minuten, sonntags alle 60 Minuten, nicht besonders attraktiv.
Fahrrad, gut je nach körperlicher Verfassung.
Mit unseren Sonderzügen.
Gefühlt entschieden sich die meisten für unsere Sonderzüge, denn das hatte es noch nie gegeben. So wurden wir denn ganz schnell überrannt von Fahrgästen. Die Fahrten waren bis zu 200 Prozent gebucht. 100 Prozent gebucht heißt hierbei, alle Sitzplätze sind belegt. Bei einer Besetzung von mehr als 100 Prozent müssen Fahrgäste stehen. Hätten wir den Fernverkehrswagen nicht zusätzlich gehabt, wir hätten den einzigen Wagen zu 400 Prozent füllen müssen.
Doch der zu kurze Bahnsteig in Alsdorf wurde, wie schon erwähnt, nun zum Problem. Beim für den schnellen Fahrgastwechsel nicht konstruierten Fernverkehrswagen, bei dem in Alsdorf auch nur eine Tür benutzt werden konnte, benötigten wir viel zu lange zum Ein- und Einsteigen der Fahrgäste. Unser Fahrplan geriet ins Wanken. Wir fuhren so gut und schnell es ging weiter. Der Besucheransturm hielt an, auch am Sonntag. Ab Sonntagvormittag war klar, es entwickelte sich ein neues Problem, die Fahrkarten gingen aus. Eine schnelle Lösung musste her, denn die damals noch gebräuchlichen Pappfahrkarten konnten so schnell nicht nachbeschafft werden. Es gab aber reichlich Prospekte vom Verein und so wurde die Idee geboren, Prospekte mit dem Vereinsstempel versehen als Fahrkarten auszugeben.
Das Europafest 1989 war in unserer Erinnerung das schönste Europafest. Wir haben zwar beim nächsten Europafest vieles verbessert, doch das Flair des Ursprünglichen, Improvisierten und Erstmaligen gab es nie wieder. 1990 wurde folgendes verändert:
Es wurden mehrere Nahverkehrswagen vom Typ „Umbauvierachser“ B4yg und ein Eilzugwagen vom Typ Byl 421 eingesetzt. Dazu hatten wir unseren Bistrowagen, einen „Umbaudreiachser“ mit Packabteil vom Typ BD3yg, von dem wir aus unsere Fahrgäste bewirten konnten.
An jedem Zugende gab es eine Lok, darunter wieder die Lok Anna 8 und neu die Anna 1. Das Umsetzen konnte so eingespart werden.
Auch 1990 haben wir wieder viele Fahrgäste transportiert. Beim Europafest 1992, dem letzten mit Sonderfahrten, war der Schwung raus. Das Erlebnis aber für uns und für die vielen Fahrgäste, die auf den Sonderfahrten mit Volldampf unterwegs waren, bleibt unvergessen.
Edgar Bergstein